
Big Data & die Zukunft der Immobilien: Interview mit Felix Thurnheer
Spatial future series - episode 1
22.07.2021
Interview Übersicht
0:04 Begrüssung Nilson
3:30 Was sind “räumliche Daten”?
4:45 Ist ein Vertrag ein räumlicher Datenpunkt?
7:45 Wie hat sich das Bewusstsein zu Daten in der Industrie verändert?
16:47 Werden datenbasierte Entscheidungen heute früher getroffen?
22:25 Kann man mit leicht verständlichen Modellen wirklich jeden mitnehmen?
30:06 Wie wirken sich Daten auf die Partizipation von Politik und Anwohnern aus?
32:50 Wer sollte wann welche Informationen haben?
36:17 Wie sieht eine State of the Art Immobilienentwicklung in 10 Jahren aus?
42:00 Braucht es noch einen Architekten?
Vollständiges Transkript
Nilson Intro (0:04):
Willkommen zu unserer Videoserie “Spatial Futures”. Was wir hier machen ist wir bringen unser Ökosystem an einen Tisch, wir nehmen den Digitalen Zwilling als Basis wo alle Daten der physischen Welt zusammenkommen und stellen uns jetzt die Frage zusammen mit unseren Partnern: Wie sieht die Zukunft aus.
Wie sieht die Zukunft aus von der Raumgestaltung, wie sieht die Zukunft von der Immobilienentwicklung aus und wie können digitale Lösungen und Daten dazu beitragen den gesamten Prozess zu vereinfachen – vielleicht auch komplizierter zu machen, zu revolutionieren, zu automatisieren – und wie sieht ultimativ die Zukunft der Immobilien- und Raumentwicklung in 10 Jahren aus.
Dazu sind unsere Datenpartner da, dazu sind unsere App-Partner da, wir bringen alle an einen Tisch und diskutieren genau über diese Zukunft.
Start Interview
Nilson (1:16)
Felix… willkommen.
Felix (1:18)
Guten Tag Nilson.
Nilson (1:21)
Kickoff du bist unser erster Gast in der Spatial Future Series, das freut uns natürlich!
Felix (1:26)
Fühle mich sehr geehrt, danke schön.
Nilson (1:28)
Wir fühlen uns auch sehr geehrt, dass du da bist. Das soll so gestaltet sein, dass wir am Ende eine ganz offene Diskussion über die Zukunft der Real Estate Branche haben. Wir kennen uns ja auch schon ein Bisschen und machen ein paar Schabernacks zusammen – da haben wir gefunden, dass wir dich einladen wollen. Sag doch mal ganz kurz zu dir: Wer bist du, was machst du und sag mal ganz kurz den Zuschauern und Zuhörern, wer du bist.
Felix (1:55)
Mein Name ist Felix Thurnheer, ich habe ursprünglich Geografie studiert, mich dann auf Stadtentwicklung und sozioökonomische Fragestellungen konzentriert. Das war grad so die Zeit als man den Kreis 5 in Zürich entwickelt hat oder angefangen hat zu entwickeln, und das hat mich dann eigentlich schon immer fasziniert. Ich bin danach in der Immobilienindustrie gelandet, habe lange bei Immobiliendienstleistern gearbeitet, Marketing und im Research Bereich… und das war dann so die Kombination. Geografie natürlich auch: Räumliche Daten, für Marketing und Research schöne Geschichten machen, auch für die Entwicklung von Arealen und Positionierung von Immobilien. Das hat mir schon immer Spass gemacht.
Und da auch gemerkt, dass es dann beim Thema Daten damals noch etwas schwieriger war, überhaupt an einzelne Datensätze zu kommen, denn ich möchte nicht Diagramme abbilden, sondern ich möchte sie aus Einzeldatensätzen herstellen. 2011 habe ich mich dann mit der Firma «ImmoCompass» selbstständig gemacht und da entwickeln wir Geschichten, Positionierungen, Nutzungskonzepte für Areale für Immobilien wenn sie leer stehen, wenn eine Neupositionierung oder ein Ersatzneubau ansteht, damit wir da eine schöne Kombination machen können, und schöne Orte machen können. Und ganz getreu meiner Linie, wenn es irgendwie geht auf der Basis von räumlichen Daten – unter anderem!
Nilson (3:25)
Jetzt sind wir schon beim Stichpunkt räumliche Daten, was sind denn für dich räumliche Daten? Ich glaube man weiss was Daten sind, das können ganz verschiedene Sachen sein. Aber was sind denn für dich räumliche Daten, wie würdest du das definieren für jemanden den du neu triffst, jemanden aus der Real Estate Branche der ein paar Häuser entwickelt hat wie erklärst du so jemandem, was räumliche Daten sind?

Nilson Kufus (links) und Felix Thunheer im Gespräch über die Zukunft der Immobilienbranche
Felix (3:52)
Das ist eine Information, die einen räumlichen Bezug hat, das heisst man kann sie irgendwo im Raum lokalisieren. Also man kann lokalisieren, wo zum Beispiel dieses Haus auf Google Maps steht. Und da gibts eine Koordinate im Koordinatensystem, da kann man die Koordinate benennen und dann genau sagen “hier ist etwas passiert”, hier ist ein Haus, hier ist ein Auto, hier ist irgendeine Geschichte passiert oder was auch immer. Also sobald man es irgendwie räumlich lokalisieren kann, ist es ein räumlicher Datenpunkt. Und die Kombination von verschiedenen Punkten gibt dann ein räumlichen Datensatz zu einem Thema.
Nilson (4:34)
Oder einen Digitalen Zwilling. Da gibts immer so für uns einen Punkt, der oft in den Gesprächen kommt, das ist die Frage: Ist ein Vertrag auch ein räumlicher Daten punkt?
Felix (4:46)
Wenn der Vertrag eine Liegenschaft betrifft, ist es selbstverständlich auch ein räumlicher Datenpunkt, weil er etwas organisiert, das räumlich klar verortbar ist.
Nilson (5:02)
Und der Vertrag ist ja nur für ein spezielles Gebäude zuständig oder anwendbar. Der ist jetzt nicht anwendbar für irgendwas anderes. Der ist auch nicht übertragbar. Wenn wir jetzt einen Vertrag über eine Liegenschaft an der Röschibachstrasse oder an der Badnerstrasse haben, dann ist es ja für diese eine Liegenschaft, der bezieht sich nicht auf irgendeine andere Liegenschaft oder sowas.
Felix (5:23)
Ja und er reguliert das was dann vor Ort mit dieser Liegenschaft passiert oder eben nicht passiert. Und dann hat es einen räumlichen Bezug und dann ist es ein räumlicher Datensatz oder Datenpunkt.
Nilson (5:40)
Sehen wir ganz ähnlich so und ich glaube das zeigt dann auch schon, wie vielfältig räumliche Daten sein können, wie weit es geht und wie viel Information heute auch vorhanden sind, die irgendwo im Bezug zu einem Raum stehen. Und gerade in der Immobilienbranche, da geht es am Schluss auch immer um Räume, es geht immer am Schluss um auch Liegenschaften, die an einem gewissen Ort in dieser Welt stehen. Also gerade, wenn es um die Immobilienbranche geht, sind ja heute würde ich mich auf das Statement einlassen, fast alle Datenpunkte, die wir irgendwie haben schon fast räumlich relevant. Oder sind im Kontext zum Raum verbindbar.
Felix (6:21)
Ja aus der Sicht von einem Geographen ist das bestimmt so, aus Sicht von einem Astrophysiker würde der wahrscheinlich sagen es gibt noch Paralleluniversen und so weiter, aber jetzt im praktischen Alltag glaube ich ist praktisch alles räumlich verortbar was um eine Immobilie rundherum passiert, ob da gearbeitet oder gewohnt wird. Es ist wie ein Ameisenhaufen, die Leute, die hierherum wohnen, die Firmen die hier rundherum sind, die sind relativ am nächsten hier, die bewegen sich und die bestimmen auch was sie brauchen oder was sie machen oder was sie nicht machen können und was sie gerne machen würden usw.
Und da steht die Immobilie dann mitten drin.
Jetzt gibts natürlich schon Aktionen, die mehr an einem kleinen Einzugsgebiet begrenzt sind und dann noch andere, die eben quasi international also global sind. Vor allem wenn sie aus der Produktion sind, aus der Industrie, dann müssen wir nicht unbedingt Winterthur mit Zürich und St. Gallen vergleichen, sondern die Schweiz mit Singapur oder Amerika und dann redet man von etwas ganz anderem. Wir sind eher für die kleinstofflichen räumlichen Fragestellungen zuständig und spezialisiert.
Nilson (7:42)
Jetzt habt ihr schon relativ lang mit Daten der Real Estate-Branche gearbeitet und schon seit einer relativ langen Zeit habt ihr auch mit Daten gestützte Entscheidungen und Daten gestützte Beratungen geführt. Wie hat sich denn für dich so in den letzten 10 Jahren das Bewusstsein der Industrie im Bezug zu Daten und auch wie die Daten zur Entscheidungsfindung helfen können verändert. Also wenn du es heute vergleichst und mit dem Kunden zum ersten Mal redest und von vor 10 Jahren, was hat sich dort in der ganzen Industrie getan.
Felix (8:16)
Also was sich vielleicht nicht verändert hat, in dieser ganzen Beratung ist, dass es immer darum geht, dass man irgendwo in einem Projekt an einem Punkt steht und man braucht eine Entscheidung, wie man weiter machen möchte. Will man so weiter machen oder in eine andere Richtung weiter machen. Und da entscheidet in der Regel nicht einer alleine, sondern es ist eine kleine Gruppe, die entscheidet. Und es gibt eine Gruppe von Experten, die das dann wie mittragen müssten in der Umsetzung, ein eingeschworenes Team wie so eine Fussballmannschaft, die miteinander spielt und nicht gegeneinander – und das ist eigentlich immer gleichgeblieben.
Man steht an einem Punkt, da braucht es eine Entscheidung wie wir in die nächste Runde gehen. Und diese Fragen zu beantworten, das kann man auf Basis von Erfahrung machen, man kann es interaktiv machen oder man kann eben auch Daten mit einbeziehen. Daten helfen natürlich vieles zu klären- also wie gross ist der Markt jetzt überhaupt, was kann man für Preise verlangen, wo sind die üblichen Marktpreise, was sind die üblichen Risiken, wie viel steht leer, wie viel wird gebaut, wie viele Leute wohnen hier, wie viele Firmen hat es, usw.
Das kann man alles mit Daten gut darstellen und da muss man nicht gross darüber diskutieren. Also wenn jetzt einer im Team ist der jetzt sehr laut schreit, was er jetzt erlebt hat, dass seine Oma weiss ich nicht wo Wohnen im Alter und nichts gefunden hat und jetzt ist seine Welt nur noch Wohnen im Alter, kann man in den Daten ganz genau sagen, weiss nicht genau… 7% der Bevölkerung, die über 82 Jahre ist. und von diesen 7% ist dann 20% auf Pflegehilfe angewiesen. Und das sind am Schluss noch 150 zum Beispiel. Man kann das dann ganz einfach quantifizieren und daneben gibts dann noch 20.000 andere Einwohner.
Man kann dann die Bedeutung von diesem Thema in einen quantitativen Kontext setzen und das hilft bei der Bildung von Geschichten, das hilft auch bei der Entscheidungsfindung. Möchte man Zeit und Geld in dieses Spezialthema investieren oder möchte man doch weiter bleiben. Und da gehts nach dem Wohnungsmix und wie viele Detailhandelsflächen braucht es, wenn man etwas entwickelt, wie viele Schulkinder werden da auf einen zukommen in den nächsten 5 bis 10 Jahren und so weiter… das sind dann so die Fragen und die anderen Fragen was für Preise können wir ungefähr verlangen. Und das war so ungefähr die Welt von vor 10 Jahren.
Und man hat damals viel mit Erfahrung gearbeitet und mit schönen Weisheiten, die man schon von früher her mitgebracht hat und natürlich auch mit Daten hat man auch angefangen, Datensätze zu sammeln. Also zum Beispiel Inserat-Daten oder Firmendaten, Bevölkerungsdaten, sind schon gut dokumentiert, schon lange über das Bundesamt für Statistik. Google gibt es inzwischen auch schon lange, womit man etwas kartographisch darstellen kann, diese Benchmarks und diese Vergleichswerte und diese Quantitäten um einen Standort, das hat man damals gemacht. Was sich jetzt verändert hat, was man heute machen kann, man kann diese illustrative Komponente dazu nehmen. Man kann jetzt nicht nur einen Chart machen und irgendeine beschriebene Statistik, sondern man kann auf der Basis von Daten anfangen eigentlich die ganze Umwelt so darzustellen, dass man sie direkt anschauen kann, durch sie hindurch kann und nicht nur die heutige Umwelt sieht, sondern auch die in 5 oder 10 oder 15 Jahren.
Das ist glaube ich das schwierigste in einer Gruppe, sich vorzustellen wie sieht diese Welt dann in 5 oder 10 Jahren aus und wenn man einen Text hat oder ein gesprochenes Wort oder ein Diagramm, dann ist es mal gut aber die Bilder in den Köpfen, die sind alle komplett unterschiedlich. Und die blieben auch unterschiedlich, egal wie gut wir die Welt darstellen.
Aber die gemeinsame Vorstellung wie das mal in Zukunft ausschauen könnte an einem Ort, wenn sich dieses Areal entwickelt oder wenn diese Immobilie mal nicht mehr dasteht und dafür eine neue Immobilie steht. Oder wie auch die Aussenräume dann aussehen könnten, wie man darauf zugeht vom Erdgeschoss, wie es aussieht, wenn man aus dem Fenster herausschaut, oder auch im Gebäude drinnen ist, obwohl es heute noch nicht steht.
Das kann man heute mit Daten alles viel besser machen als damals.
Es ist auch ein viel stärkeres Thema als damals. 3D war schon lange ein Thema, aber jetzt kommt es so langsam zum Punkt, wo es auch wirklich realisierbar und machbar ist. Und ich weiss noch damals als Streetview von Google eingeführt wurde: Die Freude, die geherrscht hat bei den Immobilienleuten, dass die jetzt nicht extra dahin fahren mussten, um sich eine Vorstellung von diesem Ort zu machen! Und diese Bilder, die braucht es dann einfach, man muss vor Ort sein, um zu verstehen, wie er funktioniert. Da reicht einfach keine Statistik am Schluss. Und deshalb musste man es sich immer anschauen. Auf einmal konnte man am Bildschirm quasi mit Bildern schauen “ah, das ist eine Einfamilienhaussiedlung aus den 50er Jahren und da stehen ein paar alte Gewerbegebäude und dann hat es da einen Stau und weiss ich nicht was und schaut grauenhaft aus oder umgekehrt viele Bäume und Gartenstadt.
Dieser Eindruck den ein Ort nur mit Bildern vermittelt hat Streetview von heute auf morgen auf einmal geliefert und da war auch einmal helle Freude, dass es da auf einmal gibt. Da haben die Leute vom Bildschirm dann diese Bilder ausgeschnitten und diese im Bericht mit Word oder in der PowerPoint eingeklebt und wir natürlich auch und das hilft extrem. Auch als wir mit den Inseraten angefangen haben, war das eine der wichtigsten Punkte, dass man die Bilder mit dazu hat, weil ein Quadratmeter ist schön und gut, aber der kann 0,8 oder 1,2qm sein, je nachdem wie man misst. Eine Preisangabe von einem Quadratmeter hat immer so eine Genauigkeit von plus minus 40%, also ich übertreibe jetzt ein bisschen, vielleicht sind es plus minus 20%. Aber wenn man ein Bild von einer Wohnung sieht oder von einer Küche oder von einer Fassade, dann ist einem vermarkter oder einem Immobilienprofi alles sofort klar, weil er weiss: Ah das ist eher günstig, das ist eher teuer…
Nilson (14:51)
…das ist der Ausbaustandard… wer könnte dort wohnen, wem würde das gefallen…?
Felix (14:58)
Wem wird das gefallen und wem nicht. Und das kann man nicht in einer Statistik darstellen, dazu muss man die Bilder sehen und ich glaube diese Bilder sind einfach wahnsinnig wichtig, denn sie illustrieren die Umwelt und sie helfen uns emotional etwas. Und das hat sich jetzt glaub ich wirklich verändert und das wird sich in Zukunft auch noch stärker verändern. Wie jetzt mit dem Handy auch, es ist fast kein Text mehr drauf, es sind nur noch Icons und Symbole und man kann klicken und sieht sofort etwas.
Nilson (15:32)
Dann kommt direkt das Brain Interface…
Felix (15:37)
Genau und das wird in der Immobilienindustrie auch möglich sein, diese illustrative Komponente.
Nilson (15:45)
Jetzt werde ich glaub ich ein paar Themen noch einmal neu angreifen bzw. aufgreifen.
Auf der einen Seite hast du ja viel berichtet von Themen wie “was könnte man als Miete verlangen, was ist die Nachfrage an einem gewissen Ort” und ich glaub da haben wir auch schon oft darüber geredet, dass im ganzen Bezug auf Benutzung von Daten und Daten basierten Insights es ja viel Sinn machen würde, diese schon ganz früh mit in den Planungsprozess mit reinzunehmen. Also ich glaube die Situation, die du beschreibst, sind ja ganz oft Situationen in denen Firmen wie ihr hinzu genommen werdet, denn man steht vor der Entscheidung geht man links, rechts, oben oder unten aber eigentlich sind die Weichen für die Entscheidung schon viel früher gestellt worden.
Und man kommt dann auf den Punkt, wo man sieht: „Ah, vielleicht war das nicht unbedingt das Richtige und das Konzept geht nicht so auf, man muss vielleicht zwei Schritte rückwärts machen um es noch zum Fliegen zu kriegen.“
Was ist dort deine Erfahrung, werden heute schon Daten basierte Entscheidungen früher reingenommen? Wenn man sagt, man geht z.B. in die konzeptionelle Phase, überlegt man sich zu dem Zeitpunkt bereits, was die richtigen Ausnutzungen von Arealen oder von einzelnen Gebäuden sind, basierend auf den jetzigen Marktdaten? Was heute auf den Portalen gesucht wird? Siehst du, dass der Trend dahingeht, zuerst die Frage zu stellen und dann zu entwickeln oder sind wir immer noch an dem Punkt, wo wir uns die Fragen stellen, wenn das Problem auftaucht und man merkt es ist evtl. nicht ganz so einfach zu vermarkten wie man am Anfang gedacht hat.
Felix (17:28)
Ich glaube in der institutionellen Welt geht man viel analytischer vor als früher. In der privaten Welt bei den Privateigentümern darf man nicht unterschätzen, dass die einfach ihre Orte und ihre Liegenschaften schon recht gut aus den letzten Jahrzehnten kennen. Und die brauchen eigentlich bzw. die wissen in der Regel schon relativ klar, was sie wollen und was funktioniert und was nicht und selbst wenn man was anderes sagen würde, würden sie es nicht glauben. Und sie kennen sich auch gut aus, die machen es noch nach altem Schema.
Im institutionellen Bereich stellt man sich die Fragen sehr viel früher, man geht sehr viel analytischer vor und stellt sich die Fragen früher, aber man kriegt nicht unbedingt die besseren antworten als früher.
Ich sehe oft, dass tonnenweise Blätter, Diagramme, Karten und Daten an einen Projektleiter und eine Runde abgeliefert werden und die wissen dann gar nicht was damit anfangen. Da kommen dann so Sätze wie “wir haben festgestellt, dass es viele zweieinhalb Zimmer Wohnungen gibt und die haben eine kurze Insertionszeit und da machen wir doch auch viele 2,5 Zimmer Wohnungen“. Es gibt dann so Einzelpunkte aber die ergeben noch keine Geschichte. Die Leute werden auch nicht bezahlt, um zum Beispiel sehr viele Daten zu lesen und um sich sehr viele Karten und Diagramme anzuschauen. Ihre Zeit, sich da hineinzudenken, die ist eigentlich gar nicht bezahlt. Das heisst, man muss eigentlich in relativ kurzer Zeit einen Sachverhalt erklären, ein paar wichtige Facts and Figures dazu liefern und auf dem dann eine Entscheidung treffen.
Dass dahinter die Welt natürlich kompliziert ist, das ist logisch aber das interessiert den Kunden am Schluss gar nicht. Wenn wir in ein gutes Restaurant gehen, dann wollen wir auch nicht wissen, wie der Hummer über die ganze Welt bis zum Teller landet. Wir vertrauen darauf, dass das richtig gemacht wurde und laufen nicht in die Küche und überprüfen das. Wir wollen dann etwas gutes Essen, wichtig ist das Produkt am Schluss. Und da sind wir glaube ich noch lange nicht angekommen. Ich sehe es eher so, dass viele institutionelle etwas überfordert mit der ganzen Datenmenge sind, die auf einmal auf sie zuströmt. Dann haben sie nicht richtig die Zeit dazu und machen es nach Bauchgefühl bzw. Emotion.
Dann kann man es nicht so richtig einordnen und macht es ebenso, wie man es gelernt hat. Und dann ist man wieder im Modus der 90er oder der 00er Jahre, was ich irgendwo auch verstehen kann. Aber ich glaube, wenn wir etwas Schlaues und Gutes aus den Daten machen wollen, individuell auf eine Fragestellung zugeschnitten, dass wir da noch nicht richtig angekommen sind. Da steht noch viel Arbeit an.
Nilson (20:38)
Ich glaube da sind wir jetzt beim zweiten Thema: Twinmotion, Unreal Engine, die fangen an den Satz zu benutzen “what you see is what you get” – und ich glaube das hat auch ganz viel mit Daten zu tun. Du hast es vorher schon angesprochen, mit dem Digitalen Zwilling, man kann heute schon auch die Reise in die Zukunft machen. Und man kann genau das lösen, was für viele ja das Problem ist, denn jeder hat seine eigene Vorstellungskraft… bei dem einen ist sie vielleicht lebhafter als bei dem anderen, aber am Ende ist das ja völlig egal, wenn du 5 Leute an dem Tisch hast, und wir heute beschreiben, wie dieses Gebäude entwickelt werden sollte.
Dann werden die 5 Leute ein anderes Bild haben, was dort passieren würde. Da könnte Technologie im Moment viel mit 3D-Modellen und mit CAD Visualisierungen helfen, dass wir an den Punkt kommen, dass wir uns an genau die Vorstellung sehr stark annähern. Wenn wir im Prinzip dort kommunizieren und sagen können “schau, das ist jetzt mal Version 1 was entwickelt werden könnte und so würde das auch relativ genau aussehen“, was dann natürlich der ganzen Vorstellungsmöglichkeit sehr hilft. Das macht dann Daten erlebbar.
Was du ja auch schön geschildert hast ist genau das Problem, dass Daten auf der einen Seite uns Insights geben können, aber sie müssen ja auch konsumiert werden können. Man muss dann auch mit dieser Vielzahl an Daten umgehen können und das nicht als Geograph oder Statistiker, sondern als Entscheidungsträger, der unter Umständen kein Background in Data Sciences oder Geografie oder irgendwas Ähnliches hat. Entscheidungsträger können auch aus der Politik kommen, die können aber auch aus der normalen Bevölkerung kommen, die können aus einem nicht relevanten Gebiet kommen.
Wie gross siehst du da die Chance aber auch die Gefahr, dass man eben durch so eine einfache Visualisierung von Daten – und auch einfache Darstellung von dem ganzen Wissen – Leute mitnehmen und eine Story schreiben kann, die dann eben auch sehr verständlich wird. Eine Story, wo alle am Tisch am Schluss ein ähnliches Bild haben, was in der Zukunft da steht. Wo alle eine ähnliche Vorstellung haben und so einen gemeinsamen Entscheid machen können wie “wir gehen für Option A und nicht für B, weil wir uns alle einig sind, dass das die Option ist, die wir wollen”. Ob das die bessere am Schluss ist, wird die Realität zeigen, aber das ist zumindest das, worauf wir uns zumindest entscheiden.
Felix (23:07)
Ja das ist eben mit der Darstellung wie mit Weihnachten ohne Geschenkpapier. Das Bild, das man im Kopf hat, das sieht man dann ja erst, wenn es fertig gebaut ist. Also frühstens in ein paar Jahren wird der Standort dann erlebbar. Vorher sind es Pläne und Excel-Tabellen. Nur schon einen Plan zu lesen, da sind dann die Architekten wieder gut aber man sieht das Problem dann ein bisschen auf der Vermarktungsplattform: Warum wird ein Wohnungsgrundriss in einem Inserat nicht beworben? Es ist so selten, dass ein Wohnungsgrundriss drin ist, dabei ist es so wichtig!
Ich bin jetzt kein Architekt, aber es würde mich wahnsinnig interessieren, wie der Grundriss aussieht, bevor ich eine Wohnung kaufe oder miete. Und dazu braucht es einen Plan! Und diese Pläne und diese Tabellen sind heute da, aber man sieht dann erst am Schluss, wie es dann wirklich aussieht. Jetzt ist es nicht mehr so, jetzt kann man das Geschenk quasi schon heute öffnen und anschauen. Bilder sind einfach wahnsinnig stark! Die Bilder, die dann da sind, helfen so einer Gruppe.
Und die sagen dann: “Ja, dieser Standort wird schön und so möchte ich einmal arbeiten und leben.“ Oder: „Es ist jetzt ein bisschen komisch und schon schön mit den Bäumen, aber wo stelle ich jetzt meinen Lastwagen hin? Oder wo können meine Kunden parkieren? Und was erleben sie, wenn die Kunden dann kommen? Wird das für die mühsam oder wird das für sie einfach?“.
Diese Fragestellungen kommen mit den Bildern dann sehr viel einfacher daher. Aber Bilder wecken dann natürlich auch wahnsinnige Erwartungen, denn als wir früher Planwohneigentum verkauft oder Situationen dargestellt haben, waren diese Bilder in den Köpfen drin. Und wenn die Realität später nicht genau so aussieht, dann gibts welche denen ist das egal, denn die freuen sich sowieso aber dann gibts welche die Fragen “ja, da war doch ein Baum da oder ein Busch, ich hab mich gefreut“ und so weiter. Und jetzt steht der halt nicht da, weil man inzwischen herausgefunden hat, dass das aufwischen vom Laub von diesem Baum 150 Franken im Jahr kostet.
Und das will sich jetzt der Eigentümer sparen oder es wurde nicht von der Gemeinde bewilligt oder was auch immer. Oder es ist eine andere Sorte von Baum und es war jetzt dummerweise ein Biologe oder ein Botaniker, der dachte es wird jetzt genau diese Platane. Da kann alles Mögliche dann passieren mit den Bildern, auch mit der Fassade, wenn sie eine leicht andere Farbe hat, dann sieht sie etwas anders aus und hat im Verlauf der Zeit nochmals die Fenster etwas anderes strukturiert, den Eingang anders gemacht oder was auch immer. Man muss da immer grauenhaft aufpassen, dass ich alle immer bewusst sind, dass es Bilder sind und dass sich im Verlauf der Zeit noch einiges ändern kann. Also dass man eine Zielvorstellung sieht und nicht das tatsächliche Geschenk.
Nilson (26:02)
Wie siehst du dort auch die Möglichkeit, Leute auf der Reise mitzunehmen. Denn ich glaube, dass es die Realität ist, dass man am Schluss eine Vision oder einen Plan hat und versucht auch diesen Plan umzusetzen. Und normalerweise stösst man in Probleme rein, die man am Anfang nicht antizipiert hat. Zum Beispiel gibt es Bewilligungen nicht, es gibt plötzlich eine Kostenrechnung, die nicht mehr stimmt… persönlich sehe ich da auch eine grosse Chance, die Leute auf diese Reise mitzunehmen. Dass eben genau diese Vorstellungen zwischen Erwartungen und was am Schluss herausgekommen ist, dass die Diskrepanz nicht zu gross wird.
Wir nennen es auch “expectation management”, dass am Schluss wenn die Leute enttäuscht sind und denken “ah ich hab was ganz anderes erwartet”, dass die Erwartungen stimmen. Das ist der Bereich der schwierig ist, wenn man den Leuten sagt, dass etwas aus dem und dem Grund verändert werden muss, da ist normalerweise das Verständnis da. Die Leute sagen dann “verstehe ich, ich hab den Hintergrund verstanden, warum man das jetzt ändert”, dann kann man das auch umgehen.
Ich glaube, dass eben Daten nicht nur eine statische und einmalige Bestandsaufnahme zum Verkauf sind und dann nicht mehr benutzt werden, sondern dass es da um einen Prozess geht. Die Leute, die beteiligt sind, sollte man auch über den Prozess begleiten und mitnehmen, um zu sagen “das ist dann das, was am Ende dasteht.”
Felix (27:28)
Das schöne wäre natürlich, wenn man es nicht nur anschauen kann, sondern wenn man es selbst mit verändern kann. Also wenn diese interaktive Komponente kommen würde. Wenn zum Beispiel der Verkehrsplaner kommt und sagt „diese Strasse muss jetzt so oder so gemacht werden und da muss jetzt noch ein Fahrradweg hin“, dass man es dann einzeichnen kann. Dann können es alle zusammen sofort anschauen. Oder wenn der Architekt einen vorschlagt hat, dass man sagt “jetzt beim Attika könnte man es so oder so anordnen oder Versionen bilden oder die Fassade könnte statt grau eher grün sein” oder sobald man die Farbe sieht, dass man merkt, dass jeder mit seinem Spezialwissen etwas ändern kann und sofort für andere etwas visualisieren kann.
Da kommt dann nicht einfach einer der eine PowerPoint macht und labert einen etwas despektierlich gesagt den Kopf für 15 min lang voll. Und das machen dann alle Fach-Experten und am Schluss ist der Tag rum, man hat so einen Kopf und der arme Projektleiter hat einen riesen Kopf und hat dann endlos viel Papier und PowerPoints und PDFs und Words auf dem Tisch. Und daraus muss dann irgendwie etwas schlaues gemacht werden. All diese Erkenntnis die da ist sollte sofort räumlich dargestellt werden können, damit jeder sieht “ah, wenn der jetzt sagt dass man es so machen könnte oder der von der Gemeinde sogar sagt, dass man es sogar so machen muss, dann sieht das neu auf einmal so aus”.
Und dann kommt vielleicht der Aha-Effekt, was es bedeutet, dass wir in Zukunft an diesem Standort tatsächlich eine Gartenstadt entwickeln können oder es bedeutet nein, das bleibt irgendein urbanes Gebilde, denn es wird schwierig mit diesen Bäumen… ich bin immer ein bisschen viel bei den Bäumen. Aber das man quasi dieses Interaktive haben kann, dass alles, was man da entscheiden, machen und vorschreiben kann, dass es sofort visualisiert werden kann. Wenn es so interaktiv wird, dann kann man viel verständnisvoller mit einer Gruppe und mit Experten aber auch mit Eigentümern und zukünftigen Nutzern an der Zukunft arbeiten.
Nilson (29:46)
Jap, sehr schön. Ich glaube, das ist genau das, wo die Zukunft auch hingehen wird, dass es eben diesen Dialog gibt und dass dieser dann auch sichtbar ist. Da sind wir wieder beim gleichen Thema, dass man sich den im Prinzip auch gleich vorstellen kann.
Jetzt hast du das Thema Partizipation schon angeschnitten: Wie siehst du die Zukunft in der Partizipation, gerade wenn es um Mitspracherecht vielleicht von Bürgern oder Nachbarn geht, wenn es um grosse Arealentwicklungen geht oder das Mitspracherecht der Politik? Wie sieht du auch die Rolle von Daten, um diese ganze Diskussion auf einen neutralen Boden zu setzen, sodass man jetzt nicht mehr um Meinungen und Gefühle diskutiert, sondern man diskutiert am Schluss um eine einigermassen auch sachliche Fachlage.
Mit dem Effekt: Das ist das was am Schluss auch wirklich passiert, man diskutiert nicht um Ängste was passieren könnte, sondern man geht hin und hat dort schlussendlich eine Diskussion auf neutralem Boden.
Felix (30:51)
Ich glaube wenn man diese Bilder hat und diese Erwartungen um diese Bilder und an die Zukunft, desto schwieriger wird es dann, je mehr Leute sie sehen und damit interagieren. Ich glaube das Berufsbild von einem Coach oder von einem, der die Kommunikation wirklich im Griff hat, wird unendlich viel wichtiger!
Das ist nicht mehr nur ein Nebenschauplatz wo man dann sagt: jetzt müssen wir auf eine Abstimmung hin noch ein schönes Plakat machen mit “Stadion Ja” oder “Stadion nein. Da muss eigentlich vom ersten Moment an wo vielleicht mal zwei oder drei auf einen Plan schauen bis hin zur ganzen Bevölkerung kommunikativ klar begleitet werden. Sprich: Wer darf was machen, wer darf wann was entscheiden und was stellen wir für welche Gruppe dar. Denn es dürfen nicht alle alles wissen, da es ja auch das Thema Datenschutz gibt. Und das muss dann viel klarer geregelt sein, um sich auch zu überlegen, wem kommunizieren wir was wie.
Das wird in jeder Stufe vom Projekt eine zentrale Frage sein. Und ich bin mir garantiert sicher, der Projektleiter wird in der Verantwortung sein aber er wird nicht der Spezialist sein. Der Spezialist ist dafür da, Sachen vorwärts zu bringen die nicht vorwärts zu bringen sind. Weil sonst würde in der Schweiz nicht passieren. Aber der braucht quasi nebendran eine Spiegelperson, einen Kommunikationsspezialisten. Der kommuniziert dann diese Welt wie sie dann mal entsteht und dargestellt wird, wie das gemacht wird und wann es gemacht wird und für wen es gemacht wird. Die müssen in engem Austausch sein. Und ich glaube dieses Berufsbild wird in der Zukunft viel wichtiger werden.
Nilson (32:41)
Du hast vorhin mal was gesagt, “Es darf nicht jeder alles wissen”. Auch aus Daten schutzrechtlichen Gründen, das ist klar. Provokativ gefragt: Warum nicht?
Felix (32:55)
Also warum es diesen Datenschutz gibt? Also in der Schweiz ist natürlich alles völlig privat!
Nilson (33:04)
Datenschutz ist klar! Aber warum darf nicht jeder alles wissen? Sehen wir es mal beyond dem Datenschutz. Es ist klar, es gibt gewisse auch interne Rechnungen und auch im Gebäude Sicherheitsthemen, die sollen natürlich nicht in fremde Hände gehen, das ist logisch. Aber wo siehst du dort im Immobilienbereich auch Datentransparenz als notwendig?
Wenn man zum Beispiel zum Kauf einer Immobilie kommen will, wie weit muss vielleicht auch Datentransparenz vorgeschrieben sein? Es ist ja immer eine Gradwanderung, wie viel Transparenz will man geben, wie viel Transparenz muss man geben und wie viel ist dann noch wirklich sinnvoll. Wo ist dort deine Position zu dem ganzen?
Felix (33:54)
Ich glaube der eine Punkt ist nicht, ob man darf oder nicht darf sondern eine Frage der Ordnung. Man hat per heute einen Stand im Projekt und irgendjemand muss definieren, was dieser Stand vom Projekt ist. Denn da gibt es wahrscheinlichen noch 120 verschiedene Ideen, was man noch machen könnte… aber wenn das alles nach aussen kommuniziert wird, entsteht einfach Chaos. Dann sieht der Nachbar einen Stand, der eigentlich gar nicht gültig ist oder den man schon verworfen hat und er rechnet aber schon mal aus was er macht und ist dann doch enttäuscht, wenn es doch nicht so kommt.
Also muss die klare Kommunikation da sein: “Das ist der offizielle Gedanken- und juristische Stand von heute, der öffentlich kommuniziert werden darf”. Das muss ganz klar festgelegt werden, denn sonst haben wir Chaos und das gibt Streit. Und ich glaube es ist ein Ordnungsthema, weshalb man nicht einfach alles zeigen darf. Man muss klar überlegen, wann etwas rausgeht und was mitdieser Information beim Empfänger passiert. Und es sollte den Empfänger gut informieren und ihn auf den richtigen stand bringen. Dieses ordnende Prinzip ist dann das wichtigste, denn es geht gar nicht so darum, ob er jetzt was sehen darf oder nicht. Es geht einfach darum, dass kein Chaos eintritt.
Nilson (35:32)
Und da kommen wir dann wieder zu dem ganzen Thema, dass es einen Kommunikationspartner braucht zum ganzen Bereich, der dann auch dasteht und sagt “Das Projekt ist in dem und dem Stadium, jetzt macht es Sinn, die und die Fragen zu beantworten. All die anderen Fragen zu denen wir evtl. auch schon Daten haben, müssen wir zu einem späteren Zeitpunkt beantworten. Die sind jetzt nicht relevant. Die müssen wir jetzt nicht beantworten, das kommt später, wenn wir auch noch mehr Informationen haben.“
Ja, bin ich voll mit dir. Ich glaube das ist der Weg nach vorne. Wenn wir jetzt noch einmal den Ausblick machen auf die nächsten 10 Jahre… natürlich müssen wir das jetzt beschreiben und können es nicht allen zeigen wie die Zukunft aussieht aber wie könntest du dir einen State of the Art Real Estate Entwicklung in 10 Jahren vorstellen wo du sagst „die schöpfen alles aus, was technisch und datenmässig im Prinzip möglich ist“. Wie könntest du dir so einen Prozess vorstellen?
Felix (36:36)
Ja die wird im Ablauf wahrscheinlich nicht sehr viel anders sein als das es heute der Fall ist. Was ich mir einfach vorstelle ist, dass es weniger technisch ist als heute. Heute ist es nach wie vor so, dass man Abstandslinien hat, man hat Regeln, die man beachten muss. Dann stellt man mal das hin, was ökonomisch wahrscheinlich am meisten hergeben könnte. Und das rechnen wir dann auch aus.
Nicht alle Eigentümer ticken genau gleich, aber man zeichnet dann mal ein Volumen, irgendein Quadrat oder was auch immer, dann setzt man da Stockwerke hinein und versucht da ein bisschen zu ändern. Und dann muss man einen Wohnungsgrundriss und Wohnungsmix hineinplanen und ganz am Schluss kommt dann der Vermarkter und der muss dann schauen, dass es noch irgendjemand brauchen kann.
Nilson (37:38)
Und sagt dann: “Oh, 2,5 Zimmer Wohnungen sind schwierig…”.
Felix (37:41)
Jaaa! Oder zum Beispiel sollten es keine 40m² haben, sondern 65m² oder irgendwie sowas in der entsprechenden Zielgruppe, dass man es am Anfang viel besser für eine Zielgruppe visualisieren kann, was für ein Produkt für sie dann gebaut wird.
Die wird dann auch gezielt gefragt, ob es ihnen gefällt oder was ihnen nicht gefällt. Genossenschaften machen das zum Teil heute schon: Relativ klare Umfragen bei ihren Leuten, wenn sie eine Siedlung erneuern. Was für Gemeinschaftsräume? Wollen sie einen Waschturm in der Küche haben oder im Badezimmer oder sogar wieder einen gemeinsamen im Keller? Das gibts auch, dass sie sagen “Wir schätzen eigentlich lieber den Austausch mit den Nachbarn”. Und das es dann auch monetarisiert wird, wenn man sagt “wenn wir euch einen schönen grossen Balkon oder einen zweiten machen, dann steigt die Miete um 30 Franken pro Monat, ist es euch das wert oder eher nicht?”. Und dann machen die Leute in der Regel gerne mit und da kommen auch gute Hinweise raus!
Es ist eigentlich eine gute Sache und dann wird wirklich relativ konkret mit den Leuten zusammen geplant, die dann später hauptsächlich da wohnen. Und das finde ich irgendwo ein schöner Gedanke, denn manchmal vergessen wir das ein bisschen, wenn wir vom Volumen am Schluss noch irgendwie zu Produkten kommen. Irgendjemand muss das dann ja mieten oder kaufen.
Nilson (39:11)
Und soll am besten noch Freude daran haben.
Felix (39:15)
Jetzt machen wir das nicht schlecht, wir machen sehr schöne Produkte, ich möchte da nicht den Vorwurf machen oder so. Es ist am Schluss einfach kompliziert – wenn man irgendwo auf dem Land im Aargau oder Luzern eine 3,5-4.5 Mietwohnung baut ist das etwas anderes, als wenn man das in der Stadt St. Gallen oder Basel oder Zürich macht. Preislich ist es etwas anderes, von der ganzen Masse an Nachfrage ist es was anderes.
Nilson (39:43)
Die Erwartungen sind etwas anderes…
Felix (39:46)
Ja und die Bedürfnisse auch ein bisschen. Auf dem Land hat man dann sehr gerne grosse Aussenräume.. gut, nach Corona haben glaube ich alle gerne grosse Aussenräume…
Nilson (39:57)
Und die Städte sind auch ein bisschen out..
Mal gucken wie lange…
Felix (40:01)
Ja genau. Und die preisliche Frage ist zum Teil viel sensibler. Wenn wir hier jetzt in Zürich sitzen und es gibt irgendwo eine 3,5 Zimmer Wohnung mit 105m² für “nur” 1800 Franken, da sagen wir hier als Züricher: “Ist ja super, das ist ja fast geschenkt! Ist ja ein Wunder, dass man das überhaupt neu produzieren kann.” Man muss aber nicht meinen, dass man das an einem Ort, an dem viele Leute in der Industrie arbeiten und 3.000 – 4.000 Franken im Monat verdienen, das auch geht – natürlich möchten die so wohnen! Aber das ist einfach nicht möglich!
Das liegt einfach nicht im Budget drin, die sagen “da bleibe ich lieber in meiner 60er Jahre Wohnung. Die ist zwar 25m² kleiner, dafür kann ich mit den 700 oder 800 Franken die ich pro Monat weniger Miete bezahle irgendwie schöne Ferien machen oder überhaupt überleben, wenn man Kinder oder sonst noch was hat. Und diese Brille, die sieht man zum Teil ein bisschen wenig und wenn es illustrativer wird wäre es einfacher, die Zielgruppe und deren Bedürfnisse zu verweben mit dem Marketing und den Projektständen.
Nilson (41:09)
Ja ich glaube man wird mehr ausprobieren können. Mehr Versionen testen können. Wir kennen das aus anderen Industrien oder aus der Softwareindustrie, dieses Agile Development, ein schnelles Testen und Ausprobieren. Ich glaube, wenn man an den Punkt kommt, wo die Tools so weit kommen, sodass man innerhalb von einer sehr kurzen Zeit Konzepte entwerfen kann und auch visualisieren und darstellen kann, dann kann man plötzlich ganz viele Optionen testen, bevor man dann auch den Schritt macht zu sagen, dass etwas implementiert wird. Man kann die Leute eben Fragen, nicht mit einer Umfrage, sondern direkt “hey, das wäre es. Würdest du das wollen, könntest du dir das vorstellen”.
Die Frage, die bei uns schon auch oft kommt, ist die Frage danach, braucht es noch einen Architekten. Braucht es einen Entwickler noch, wenn wir dann auch gewisse Software-Algorithmen haben. Wenn wir gewisse Fragen vielleicht nicht selbst beantworten können, sondern Lösungen vorstellen können, die am Schluss nur noch einen Entscheidungsträger brauchen. Siehst du da die Chance oder das Potential oder auch die Gefahr, dass Algorithmen kommen und gewisse Sachen automatisieren und gewisse Sachen machen, die heute gemacht werden, die in 10 Jahren aber gar nicht mehr gemacht werden?
Felix (42:33)
Ja, das wird bestimmt so sein. Da werden Algorithmen kommen und uns Arbeit abnehmen, auch im Planungsverfahren. Aber wahrscheinlich ist es ein bisschen wie beim Autofahren. Bis wir dann wirklich das Vertrauen haben, dass das Auto dann auch ohne unser Zutun fährt und bis es juristisch gelöst ist, dass man sagt man baut und macht jetzt etwas, was ein Computer errechnet hat… das glaube ich wird nicht in 10 Jahren passieren, da wird es noch deutlich länger brauchen und am Schluss bleibt es ja etwas emotionales…
Ich glaube jeder von uns hat schon mal schon als Kind einen Stift in die Hand genommen und sich ein Haus gemalt, wie man es gerne hätte oder einen Grundriss gemalt, was man eigentlich braucht. Und diese verspielte Komponente, die wollen wir uns am Schluss nicht von einem Rechner oder Computer wegenehmen lassen. Aber er kann uns natürlich helfen, dort wo es schwierig wird sagt er “schau, wenn du es so und so machst, dann ist das Grundstück besser ausgenutzt, dann hat die 2,5 Zimmer Wohnung nicht 65m², sondern 67,5m²”. Diese Unterstützungen, die für einen Architekten mühsam sind, das wird bestimmt von Rechnern gemacht werden. Da sind wir dann auch froh, wenn das passiert.
Nilson (43:57)
Cool, danke – hat Spass gemacht! Ich hoffe ihr habt auch was gelernt oder einen kleinen Einblick in die Welt von Felix bekommen und einen kleinen Zukunftsausblick bzw. Retrospektive bekommen. Wenn ihr Fragen habt, wissen wir, wo wir uns melden.
Felix (44:18)
Gerne!